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Die 6 besten Freistoßvarianten
Im Jahr 2019 standen sich der FC Liverpool und der FC Barcelona im Halbfinale der UEFA Champions League gegenüber. Ein Aufeinandertreffen, welches im Vorhinein zwei hochspannende Spiele versprach.
Die ganze Angelegenheit schien jedoch bereits nach 90 Minuten entschieden, da der FC Barcelona das Hinspiel mit 3:0 gegen die Elf von Jürgen Klopp gewann – sprich, es wird wohl kaum noch Drama im zweiten Spiel an der Anfield Road geben.
Ein brillanter Eckstoß bringt Liverpool ins Finale
Tatsächlich kam es im Rückspiel in England aber ganz anders. Dank eines denkwürdigen Auftritts der „Reds“, kam zu mehr als genug Spannung und auch zu einem Finaleinzug des FC Liverpool – 4:0 hieß es am Ende. Das genialste Tor war zweifelsohne das Letzte.
Der FC Barcelona war zu lange mit dem Herstellen von Ordnung beschäftigt, während Trent Alexander Arnold gedankenschnell handelte und die Ecke ansatzlos vors Tor spielte. Dadurch konnte Origi den Ball ungestört über die Linie drücken.
Einstudierte Eckballvarianten – Blocks, Überladungen, Räume öffnen, Lauffinten,…
Die Vorlage von Arnold war mit großer Wahrscheinlichkeit improvisiert – ein spontaner Gedankenblitz. Doch geniale Eckstöße können auch geplant und einstudiert sein. Einige Trainerteams sind dabei besonders erfinderisch und überraschen ihre Gegner immer wieder mit originellen Eckstoßvarianten. Die kreativsten und effektivsten Eckbälle möchten wir Euch natürlich nicht vorenthalten. Deshalb geht es jetzt weiter mit den 6 besten Eckballvarianten.
1. Erzeugung eines ungünstigen Blickfeldes
Unsere erste spannende Eckballvariante führt uns nach England und zwar zum englischen Zweitligisten Derby County. Das Team von Trainer Wayne Rooney stellt die gegnerische Verteidigung vor eine sehr schwere Herausforderung, welche sich durch die Positionierung der einlaufenden Spieler ergibt.
Fünf Spieler von Derby County stehen in der Nähe der seitlichen Strafraumkante. Kurz bevor der Eckball ausgeführt wird, schwärmen die Spieler aus – 1 Spieler startet in den Rückraum, je 2 Spieler starten in Richtung des ersten und zweiten Pfostens.
Aufgrund der Position des Balles und der Angreifer ist die Eckballvariante so schwer zu verteidigen. Läuft ein Stürmer aus einer zentralen Position ein, muss der Verteidiger ein Blickfeld von etwa 90 Grad abdecken, um Ball und Gegenspieler im Blick zu behalten.
Bei der Variante von Derby County müssen die Verteidiger jedoch ein Blickfeld von 180 Grad abdecken. Dadurch kann es schneller passieren, dass ein Gegenspieler aus den Augen verloren geht und entwischt.
2. Raum für Zielspieler öffnen
Von einer Variante aus einer englischen Liga kommen wir nun zu einem Eckball der englischen Nationalmannschaft. Die „Three Lions“ haben mit Harry Maguire einen besonders wuchtigen, kopfballstarken Spieler in ihren Reihen. Diese Qualität sollte natürlich genutzt werden und bestmöglich ins Spiel gebracht werden.
Dafür machen sich die Engländer die Manndeckung der gegnerischen Mannschaft zu nutze. In der Ausgangssituation sehen wir fünf englische Spieler in der „Box“. Einer der fünf Spieler ist besagter Magiure, welcher gleich in Richtung des zweiten Pfostens startet. Interessant ist, dass alle vier anderen Engländer zum ersten Pfosten starten und damit ihre Gegenspieler mitziehen.
Dadurch entsteht viel Raum am zweiten Pfosten und das Duell zwischen Magiure und seinem Gegenspieler konnte isoliert werden. Folglich schlägt England den Ball in Richtung des langen Pfostens, wodurch sich Magiure nur gegen einen Abwehrspieler durchsetzen muss.
Anmerkung: Diese Variante ist besonders effektiv, wenn der Zielspieler einen Gegenspieler hat, der im Luftzweikampf deutliche Nachteile hat.
3. Einen Block für einen Mitspieler stellen
Um einen bestimmten Zielspieler bei Eckbällen in Szene zu setzen, muss nicht unbedingt ein kompletter Raum geöffnet werden. Das Freiziehen einer Zone vor dem Tor ist außerdem nur gegen Gegner möglich, die Eckstöße (fast) ausschließlich Mann-gegen-Mann verteidigen.
Es gibt jedoch eine Alternative, um einen Zielspieler zu unterstützen – das Stellen eines Blocks. Dafür wird der Laufweg des Gegenspielers eines bestimmten Zielspielers blockiert, so dass dieser ungestört zum Kopfball gehen kann.
Ein gutes Beispiel liefern die beiden Innenverteidiger David Luiz und Antonio Rüdiger in der Begegnung Chelsea gegen Manchester United.
Kurz bevor die Ecke vors Tor geschlagen wird, versperrt David Luiz die Laufwege von seinem und von Rüdigers Gegenspieler. So kann dieser dynamisch und ohne direkten Gegenspieler in zentraler Position einlaufen.
Doch nicht nur David Luiz, sondern auch die restlichen Mitspieler in der „Box“ unterstützende Rüdiger - zwei Mitspieler bewegen sich von Rüdiger weg, um ihre Gegenspieler mitzuziehen, und Marco Alonso blockt ebenfalls seinen Gegenspieler. Dadurch hat er keinen Zugriff auf Rüdiger.
Anmerkung: Blocks können auch gegen Teams genutzt werden, die Ecken ausschließlich mit einer Raumdeckung verteidigen. Dafür wird kein Spieler, sondern ein bestimmter Raum frei geblockt.
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4. Den Mitspieler eng schneiden
Für die nächste Eckstoßvariante bleiben wir in der Premier League und auch bei FC Chelsea. Jedoch sind es diesmal die Gegner der Londoner, die sich einen cleveren Schachzug für einen Eckstoß ausgedacht haben.
Liverpool hat eine Ecke von der rechten Seite. Chelsea agiert mit einem Mix aus Mann- und Raumdeckung – 4 Spieler spielen gegen den Mann und 4 weitere Spieler bilden eine Viererkette auf Höhe der 5-Meter-Linie.
Gleich fünf Spieler der Liverpooler tragen dazu bei, dass die Eichballvariante funktioniert:
Wijnaldum: Der Niederländer läuft eng an dem Pulk seiner beiden Mitspieler und deren Gegenspieler vorbei. Dadurch bleibt Wijnaldums Gegenspieler bei Firmino hängen. Wijnaldum zieht weiter in Richtung des zweiten Pfostens. Dort kommt der Mittelfeldspieler ungestört zum Kopfball.
Firmino: Der Brasilianer blockt seinen Gegenspieler, damit dieser Wijnaldum nicht aufnehmen kann.
Van Dijk: Der Innenverteidiger beläuft eine zentrale Position und öffnet damit den Raum am 2. Pfosten.
Fabinho: Dieser schiebt den letzten Spieler in der Zonenverteidigung in Richtung Feldmitte, um ebenfalls Raum am 2. Pfosten zu kreieren.
Mane: Der Angreifer der Liverpooler blockiert den Weg des Torhüters zum zweiten Pfosten. Dadurch kann dieser die Hereingabe nur schwer abfangen.
Anmerkung: Speziell bei Hereingaben auf den 2. Pfosten kann es ein effektives Mittel sein, den Torhüter zu blockieren.
5. Ein kurze Eckballvariante
Nachdem wir bisher ausschließlich Ecken aus der englischen Liga und Nationalmannschaft betrachtet haben, geht es nun weiter in die Bundesliga. Eine spannende Variante für eine kurze Ecke vollführten die Augsburger gegen Leverkusen.
Kurz bevor die Ecke gespielt wird, kommt ein Angreifer der Augsburger (Spieler A) dem Eckballschützen entgegen. Der Leverkusener Verteidiger am ersten Pfosten kann dies nicht mehr rechtzeitig erkennen, da Spieler A aus seinem Rücken kommt. Zeitgleich startet auch Spieler B in Richtung des Schützen der Ecke. Dieser wird von einem Gegenspieler verfolgt
Die Ecke wird von Spieler A gespielt. Zeitgleich führt Spieler B einen Tempo- und Richtungswechsel durch und startet in die Feldmitte. Dabei kann sich B ausreichend von seinem Gegenspieler absetzen und seinen Gegenspieler auf die „Außenbahn“ versetzen.
Spieler A leitet den Ball direkt an Spieler B weiter. Dieser schließt direkt ab.
Anmerkung: Spieler A öffnet sich geschickt den Halbraum, in dem er seinen Gegenspieler zuerst nach außen zieht.
6. Andribbeln nach „heimlichen“ Kontakt
Wird der Ball bei einer Ecke einfach nur kurz mit dem Fuß angetippt, ist der Eckstoß theoretisch bereits ausgeführt. Das ist dem gegnerischen Team jedoch niemals bewusst, da die Position des Balles sich dabei nur um Millimeter verändert. Wird jetzt noch ein Wechsel der Schützen durchgeführt, kann der zweite Spieler einfach andribbeln, da der Eckstoß bereits ausgeführt wurde.
Mit dem Wechsel der Schützen wird auf einen kurzen Pass spekuliert. Aus diesem Grund sollte der 1. Schütze zurück vor das gegnerische Tor, um den Gegenspieler in der Nähe der Ecke wieder mitzuziehen.
Anmerkung: Bei der beispielhaften Ecke von New York Red Bull kann der Spieler bis in die „Box“ dribbeln – das wird bei dieser Variante nicht immer möglich sein, da die verteidigenden Teams oftmals schneller auf das Andribbeln reagieren. In diesem Fall bietet sich beispielsweise ein Dribbling in Richtung Strafraumkante und das Schlagen einer Flanke auf den zweiten Pfosten an. Durch den günstigeren Winkel zum Tor kann es dann passieren, dass die Flanke an „Freund“ und „Feind“ vorbei geht und direkt im Tor landet.
6. Andribbeln nach „heimlichen“ Kontakt
Die 6 vorgestellten Varianten bilden nur ein sehr kleinen Anteil aller kreativen Eckstöße ab. Es gibt nahezu unbegrenzte Möglichkeiten, um den Gegner mit einem Eckstoß zu überraschen. Eine Varianten sollten aber nicht nach Lust und Laune, sondern gut durchdacht ausgewählt werden. Dabei können folgende Frage hilfreich sein:
  1. Habe ich einen Spieler, der sehr präzise Ecken schlagen kann?
  2. Habe ich einen besonders kopfballstarken Spieler, der in Szene gesetzt werden sollte?
  3. Verteidigt der Gegner in einer Manndeckung, einer Raumdeckung oder einem Mix aus den beiden Deckungsarten?
  4. Wie risikoreich und sicher fängt der gegnerische Torhüter Flanken ab?
  5. Bietet die Variante eine ausreichende Konterabsicherung?
  6. Entstehen bei der Manndeckung Duelle, in denen das angreifende Team klare Vorteile in der Luft hat?
  7. Lässt der Schiedsrichter bei der Zweikampfführung im Strafraum eher viel oder wenig durchgehen?
  8. Wie stehen die Chancen auf die Eroberung eines zweiten Balles?
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